Will McBride war verliebt in diese Stadt

Von Friedhelm Denkeler,

Foto-Ausstellung in der neu eröffneten Galerie C|O im Amerika Haus.

Ein Fotograf sollte in seinen Bildern nur eine Sache ausdrücken: sein ganzes Selbst. [Will McBride]

Am 30. Oktober 2014 war die große, komplett überlaufene Eröffnung von C|O Berlin am neuen Standort im Amerika Haus. Zwischen der letzten Ausstellung im Postfuhramt in Mitte und der jetzigen Eröffnung in Charlottenburg im umgebauten und denkmalgerecht instandgesetzten neuen Haus vergingen fast zwei Jahre (siehe C|O Berlin muss das Postfuhramt verlassen und Von der Mitte in den Westen). Zu sehen sind drei Ausstellungen, über die ich nach und nach berichten möchte.

Das Schweigen, das über der zerbombten Stadt liegt, und die Gruppen armseliger Ruinen, die noch stehen, erzeugen in mir Ehrfurcht vor dem Baustein und der Arbeit, die alles aneinander gereiht und aufgestapelt hat. Nun braucht man neue Träume und ein neues großes Aufstapeln dort, wo die alten Träume im Schutt begraben liegen. [Will McBride]

Aktuell präsentieren viele Ausstellungen das Berlin der Vergangenheit in Photographien. Da sind zum einen die zehn Ausstellungen von Karl-Ludwig Lange (Berlin ist ganz anders als Ihr denkt!) und Ulrich Wüst (Mitte, Morgenstraße und fremdes Pflaster), die beide die Zeit vor und nach der Wende zeigen; bei Siebrand Rehberg sieht man mit Kreuzberg wie es einmal war … die Zeit in den frühen 1970er Jahren und Will McBride bei C|O Berlin geht noch einmal zwanzig Jahre weiter zurück und präsentiert Berlin in den 1950er Jahren.

Blick aus der Galerie C|O auf den Bahnhof Zoo (Ausstellung Will McBride), Foto © Friedhelm Denkeler 2014
»Blick aus der Galerie C|O auf den Bahnhof Zoo«, Ausstellung Will McBride, Berlin Hrrdenberstraße, Foto © Friedhelm Denkeler 2014

McBride zeigt das brodelnde Leben inmitten bleierner Nachkriegszeit in Berlin: Wir sehen die Trümmerfrauen beim Steine aufschichten und die Bauarbeiter beim Renovieren der Ruine der Gedächtniskirche (so wie heute auch!!); ein Kriegsversehrter fährt im Rollstuhl an einer Ruinenlandschaft entlang; die Kinder spielen und die Halbstarken kurven auf ihren Mopeds vor dem Strandbad Wannsee herum; Panzer der US-Armee und der Roten Armee stehen sich am Checkpoint Charlie gegenüber; über die provisorische Mauer winken Berliner ihren Verwandten auf der anderen Seite zu und die Häuser im Grenzgebiet zwischen Ost und West sind zugemauert.

Aus der Ruine des Palais Tiele-Winckler im Bezirk Tiergarten sehen uns im ersten Stock links und rechts zwei überlebensgroße Skulpturen mit den Bildnissen von Herrschern an, in der Mitte steht ein zeitgenössischer und lebendiger Mann mit Trommel in der leeren Fensterhöhle. Vor einer riesigen Brandmauer an der Bernauer Straße geht ein einsamer Mensch entlang und versetzt den Betrachter in eine kafkaeske Stimmung.

Aber McBride zeigt uns auch persönliche Fotos von den Festen und Feiern in seiner Wohnung, von seiner Frau und seinen Kumpels beim Raufen. Auch Fotos mit Prominenten wie Horst Buchholz mit Ehefrau oder Willy Brandt, Adenauer und Kennedy vor der Mauer am Brandenburger Tor, sind zu entdecken. Mit dem Bau der Mauer am 13. August 1961 war die Leichtigkeit von McBride dahin und er zog nach München.

Will McBride, geboren 1931 in St. Louis, Missouri/USA, studierte Malerei, Illustration und Kunstgeschichte in New York und Philologie in Berlin. Er war als Reportage-Fotograf von Weltruf für deutsche und internationale Magazine tätig und veröffentlichte zahlreiche Fotobücher, darunter das legendäre Aufklärungsbuch Zeig mal (1974). Die Zeitschrift twen veröffentlichte 1960 McBrides Porträt seiner schwangeren Frau Barbara im Profil, was einen Skandal auslöste. Seit Mitte der 1970er Jahre ist er überwiegend als Maler und Bildhauer tätig. Er lebt und arbeitet jetzt wieder in Berlin.

Die Ausstellung Will McBride – Ich war verliebt in diese Stadt ist auch die Erinnerung an ein Jubiläum: 1957 waren McBride-Bilder die ersten Fotos, die je im Amerika-Haus gezeigt wurden. Diese neue Werkauswahl erinnert daran. Die Ausstellung bei C|O Berlin, Hardenbergstraße 22-24, ist noch bis zum 16. Januar 2015 zu sehen. Gleichzeitig laufen die Ausstellungen Magnum – Contact Sheets und Picture Yourself – Magnum Photomaton.

Die Tatsache, dass ich Amerikaner war und studierte, macht aus mir einen Helden, ohne dass ich viel dazu beigetragen habe. Ich war verliebt in diese Stadt und in das Leben, das sie mir bot. [Will McBride]