Der letzte Tango im Bogota

Von Friedhelm Denkeler,

Die erste Tür im Adventskalender wird geöffnet … und manche für immer geschlossen

„My favourite Hotel in the World“ [Rupert Everett]

Es ist soweit! In der Schlüterstraße 45 entstehen die in Berlin so dringend benötigten Büroräume, Dachgeschosse verbessern bald die angespannte Wohnraumsituation und lang ersehnte Modelabel können zur Freude aller einziehen. Berlin, nun freue Dich! So wurde es einst prognostiziert und passend zur Weihnachtszeit ist es soweit.

»Das Hotel Bogota in der Schlüterstraße«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Das Hotel Bogota in der Schlüterstraße«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Wer nun vor lauter Freude nicht weiß, wo er mit sich hin soll oder dieses Jahr keinen Adventskalender bekommen hat, der möge am 1. Dezember in das Hotel Bogota kommen, um seiner Freude oder Trauer Ausdruck zu verleihen. Gastfreundlich wie Joachim Rissmann ist, öffnet er ab 12.00 Uhr alle Türen im gesamten Haus und lädt um 17.00 Uhr zu seinem letzten Tango in Berlin ein.

Rissmanns Engagement für die historischen und kulturellen Gegebenheiten des Hauses war beispiellos und dies ist eine letzte Möglichkeit ihm und dem Haus seine Aufwartung zu machen, bevor zumindest die Räumlichkeiten für immer der Öffentlichkeit entzogen werden. It´s time to say good bye. Man sieht sich! www.bogota.de, siehe auch mein Artikel Bogota – Wieder verschwindet ein Stück Berliner Westen.

Bogota – Wieder verschwindet ein Stück Berliner Westen

Von Friedhelm Denkeler,

Petition »Das Hotel Bogota soll leben«

Sie schlafen in heiligen Räumen [Helmut Newton]

"Hotel Bogota in der Schlüterstraße", Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Hotel Bogota in der Schlüterstraße«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Nach den Kinos Gloria-Palast (jetzt: Modekette), Marmorhaus (jetzt: Modekette), Kurbel (jetzt: Öko-Supermarkt), Filmbühne Wien (jetzt: Apple-Store) und den Cafés Kranzler und Möhring soll wieder ein gewachsenes Stück West-Berlin verschwinden: Das Hotel Bogota mit seinem Forum für Fotografie, mit Lesungen und Kulturveranstaltungen in der Schlüterstraße 45, Ecke Kurfürstendamm.

Das denkmalgeschützte Gebäude in der Schlüterstraße wurde 1911 als Wohnhaus errichtet und beherbergte u.a. in den 1920er Jahren den Unternehmer Oskar Skaller, dessen legendäre Feste mit einem Auftritt von Benny Goodman gekrönt wurden. 1936 betrat Helmut Newton erstmals das Haus, um eine Fotolehre bei YVA zu beginnen.

Die auf den bürgerlichen Namen getaufte Elisabeth Neuländer und später verheiratete Neuländer-Simon, die in der Welt der Modefotografie als YVA berühmt wurde, war bekannt für ihre avantgardistischen Modeaufnahmen, die in zahlreichen Magazinen publiziert wurden. Ihr Atelier erstreckte sich über zwei Etagen und nachdem sie begonnen hatte auch berühmte Persönlichkeiten zu porträtieren, gingen diese im Atelier ein und aus. 1938 erhielt sie als Jüdin Berufsverbot und musste das Atelier schließen. Der gesamte Archiv wurde im Krieg zerstört.

Der Propriétaire des Hotels Bogota Joachim Rissmann, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
Der Propriétaire des Hotels Bogota Joachim Rissmann, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Der Propriétaire des Hotels Joachim Rissmann setzt in seinem Hotel die fotografische Tradition des Hauses fort. Seit 1994 veranstaltet er mit seinem Photoplatz in mehreren Räumen wechselnde Fotoausstellungen. Er betont stets, kein Galerist zu sein, sondern möchte neben dem Hotelbetrieb die Erinnerungen an die Geschichte des Hauses lebendig halten. Und das gelingt ihm wirklich. Es herrscht eine angenehme, familiäre und wohnliche Atmosphäre im gesamten Hotel.

Gerade die Ecke Kurfürstendamm/ Schlüterstraße ist mittlerweile zum Spekulationsobjekt verkommen. Und nun ist scheinbar das Hotel Bogota dran. Nachdem dann die üblichen Büros und Luxusläden eingezogen sind, bleibt als Feigenblatt nur noch eine Gedenktafel übrig, die an die Geschichte des Hauses und ihrer Bewohner erinnert.

Das mindeste, was man tun kann, ist die Petition »Das Hotel Bogota soll leben« an den Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit und Staatssekretär Dr. André Schmitz zu unterzeichnen. Viva Bogota!

In YVA's Atelier im Hotel Bogota, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
In YVA’s Atelier im Hotel Bogota, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Aus den Kommentaren der Unterzeichner der Petition »Das Hotel Bogota soll leben«:

So einen Ort wie das Hotel Bogota wird es nie wieder geben | Das Hotel Bogota ist ein Stück der Kulturgeschichte Berlins | Berlin kann nicht einerseits eine Themenjahr „Zerstörte Vielfalt ausrufe, während es andererseits zulässt, dass diese Vielfalt munter weiter zerstört wird | Das Haus hat es nicht verdient, das seine Geschichte in Büchern verpackt vergessen wird |

Es wäre schön, wenn einmal nicht die Geldvermehrung das Wichtigste wäre | Erinnerung braucht lebendige Orte | Atmosphäre entsteht nicht mit einem Fingerschnips, sie bildet sich über einen langen Zeitraum hinweg durch die Menschen, die einen Ort lieben und beleben | Bitte nicht alleine Raum für Konsum schaffen, sondern auch zum leben lassen |

Ohne das Hotel Bogota würde diese Stadt einen weiteren Ort der Ausstrahlung und Wärme verlieren | Hier begegnet man Globetrottern, Künstlern, Intellektuellen und Genießern aller Art | Ein wunderbarer Ort, betrieben von einer engagierten Familie mit einem Auge für Kunst und Fotografie. www.bogota.de

The Unknown Artists und die Frau im Dunkeln

Von Friedhelm Denkeler,

Enno Kaufhold und Joachim Rissmann bei der Ausstellungseröffnung, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
Enno Kaufhold und Joachim Rissmann bei der Ausstellungseröffnung, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Das Hotel Bogota in der Schlüterstraße birgt viele Geheimnisse. Zu dem allseits bekannten, dass Helmut Newton in dem Atelier der Fotografin YVA 1936 seine Fotolehre begann, kommt nun ein weiteres hinzu. Die aktuelle Ausstellung, die der Propriétaire Joachim Rissman im Erdgeschoss des Hauses präsentiert, zeigt Fotografien von zwei nicht in die Öffentlichkeit treten wollenden Fotografinnen.

Die unter den Pseudonymen Charlotte K und Bernadette Ypso entstandenen Arbeiten, lassen, zumindest in einem Fall, die Nähe zum schauspielerischen Milieu, annehmen. Die zweite Arbeit zeugt von einem fotografisch geschulten Blick. Mutmaßungen über vermeintliche Urheber der Fotografien behalte ich für mich. Das ist der Sinn eines Geheimnisses. Das Rätseln geht weiter.

Aber ein weiteres Geheimnis wird gelüftet. Die Autorin des im März erschienenen Buches „Die Frau im Dunkeln – Autorinnen und Komponistinnen des Kabaretts und der Unterhaltung von 1901 bis 1935“, Evelin Förster, tritt am 30. Mai 2013 mit ihrem aktuellen Programm »Land des Lächelns oder Es wird schon wieder besser – Unbeliebte Künstler im Rampenlicht« im Hotel Bogota auf. Diese Veranstaltung ist Bestandteil des Berliner Themenjahres »Zerstörte Vielfalt«. Die Ausstellung ist noch bis zum 16. Juni 2013 zu sehen.www.bogota.dewww.evelin-foerster.deBuch Die Frau im Dunkeln

Das unerbittliche Verfließen der Zeit

Von Friedhelm Denkeler,

Sofortbilder von Ursula Kelm im Hotel Bogota, Schlüterstraße in Berlin.

"Schwarze Maske", Polaroid SX-70", Foto © Friedhelm Denkeler 1988
»Schwarze Maske«, Polaroid SX-70, Foto © Friedhelm Denkeler 1988

Bis zum 07.11.2012 sind im Rahmen des Monats der Fotografie auf dem PHOTOPLATZ im Kabinett des Hotels Bogota Ursula Kelms Sofortbilder zu sehen. Joachim Rissmann, der Propriétaire des Hotels Bogota, ließ es sich nicht nehmen, zur Vernissage alle Besucher persönlich zu begrüßen. Freundlicher kann eine Ausstellungseröffnung nicht beginnen.

Neben Kelms SX-Polaroid-Fotos sind insbesondere die sogenannten Transferbilder zu erwähnen, auf denen Kelm die Polaroids vom Trägerbild gelöst und auf Seidenpapier aufgebracht hat. Diese Technik unterstreicht das Piktorialistische in ihren Fotografien und alltägliche Stadtansichten werden so zu traumhaften Inszenierungen.

Elisabeth Moortgat schreibt zu Ursula Kelms Bildern: »Kelms Photographie thematisiert in immer anderen Tonlagen das Spiel von Dauer und Vergänglichkeit. Auf besondere Weise also ein memento mori, Teilnahme an der Sterblichkeit, Verletzlichkeit, Wandelbarkeit von beidem, dem Menschen und der Natur, der Photographin selbst… Weil Photographien eben diesen einen Moment herausgreifen und erstarren lassen, ihn fixieren im doppelten Sinne des Wortes, bezeugt die Photographin einmal mehr das Verfließen der Zeit.«

In dem hochherrschaftlichen Altbau in der Schlüterstraße 45 befand sich über zwei Etagen das Atelier der Fotografin YVA (Elisabeth Neuländer), bei der Helmut Newton 1936 seine Fotolehre begann. »Sie schlafen in heiligen Räumen«, sagte er, als er im Jahr 2002 Berlin das letzte Mal besuchte und im Bogota übernachtete. Dieses Zitat ist inzwischen zum Leitspruch des Hauses geworden. Joachim Rissmann setzt in seinem Hotel die fotografische Tradition des Hauses fort: Seit 1994 veranstaltet er mit seinem Photoplatz in mehreren Räumen wechselnde Fotoausstellungen, um die Erinnerungen an die Geschichte des Hauses lebendig zu halten. www.ursula-kelm.de, www.bogota.de

Aktfotografien in ›heiligen Räumen‹

Von Friedhelm Denkeler,

Fotos von Manfred-Michael Sackmann im Hotel Bogota in der Berliner Schlüterstraße

Foto © Manfred-Michael Sackmann 2010
Foto © Manfred-Michael Sackmann 2010

Joachim Rissmann, der Propriétaire des Hotels Bogota in der Berliner Schlüterstraße, zeigt noch bis Mitte Oktober 2010 an seinem Photoplatz Neueste Aktportraits von Manfred-Michael Sackmann. Die Archival Pigment Prints sind in einer siebener Auflage zum Preis von 600 Euro erhältlich. Sackmann begann 1978 seine fotografische Laufbahn an der legendären Kreuzberger Werkstatt für Photographie bei Professor Ulrich Görlich. Im Jahr 1992 wurde er in den Verein Berliner Künstler (VBK) aufgenommen und 1994 in die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) berufen.

Das Gebäude in der Schlüterstraße, über dessen gesamtes Areal sich das heutige Hotel Bogota erstreckt, trägt noch immer die Hausnummer 45. 1911, als Wohnhaus errichtet und heute unter Denkmalschutz stehend, beherbergte es u.a. in den 1920er Jahren den Unternehmer Oskar Skaller, dessen legendäre Feste mit einem Auftritt von Benny Goodman gekrönt wurden. 1936 betrat Helmut Newton erstmals das Haus, um eine Fotolehre bei YVA zu beginnen.

Die auf den bürgerlichen Namen getaufte Elisabeth Neuländer und später verheiratete Neuländer-Simon, die in Welt der Modefotografie als YVA berühmt wurde, war bekannt für ihre avantgardistischen Modeaufnahmen, die in zahlreichen Magazinen publiziert wurden. Ihr Atelier erstreckte sich über zwei Etagen und nachdem sie begonnen hatte auch berühmte Persönlichkeiten zu porträtieren, gingen auch diese im Atelier ein und aus. 1938 erhielt sie als Jüdin Berufsverbot und musste das Atelier schließen.

Joachim Rissmann setzt in seinem Hotel die fotografische Tradition des Hauses fort. Seit 1994 veranstaltet er mit seinem Photoplatz in mehreren Räumen wechselnde Fotoausstellungen. Er betont stets, kein Galerist zu sein, sondern möchte neben dem Hotelbetrieb die Erinnerungen an die Geschichte des Hauses lebendig halten. Und das gelingt ihm wirklich. Es herrscht eine angenehme, familiäre und wohnliche Atmosphäre im gesamten Hotel. Der Gast darf alle Etagen und Flure betreten. Geschmackvoll und liebevoll eingerichtet, gibt es auf den Gängen allerhand Kostbarkeiten zu entdecken. Was uns lange nicht mehr in Berlin passiert ist, geschah zur Ausstellungseröffnung von Manfred-Michael Sackmann am 10. September 2010. Joachim Rissmann begrüßte all seine Gäste persönlich.

Fotografien und Kunstwerke haben nicht nur am Photoplatz ihren Stellenwert, sondern begegneten mir durch alle Etagen hindurch. Natürlich besichtigte ich auch das Studio von IVA in dritten und vierten Stock. Die Fotos, die im Studio hängen, geben einen hervorragenden Eindruck von der Mondänität der Modelle der damaligen Zeit wieder. Das dürfte Helmut Newton gefallen haben. „Sie schlafen in heiligen Räumen”, sagte er, als er im Jahr 2002 Berlin das letzte Mal besuchte. Er meinte damit das Hotel Bogota. www.sackmann-berlin.de, www.bogota.de