Ein Folksänger mit Katze – begabt und erfolglos

Von Friedhelm Denkeler,

»Inside Llewyn Davis« – Der neue Film von Joel und Ethan Coen. Eine Hymne an das Scheitern

If it’s never new and doesn’t get old, it’s a folk song [Coen-Brüder]

Eine der vielen Wurzeln der Rockmusik ist der Folk (oder auch folk music, bitte nicht mit Volksmusik verwechseln) insbesondere der nordamerikanische Folk. Das Zentrum dieser Szene war in den 1960er Jahren das Künstlerviertel Greenwich Village in New York. Genau hier spielt der neue Film »Inside Llewyn Davis« von den Coen-Brüdern („True Grit„) im Jahr 1961. Unabhängigkeit von den vorherrschenden musikalischen Strömungen und Authentizität des Sängers ist das große Credo der Folk-Epoche.

Diese Philosophie vertritt auch der fiktive Llewyn Davis (Oscar Isaac). Er treibt sich im eiskalten Winter 1960/61 im Village herum, übernachtet bei Freunden (u.a. bei Jim [Justin Timberlake]) und Bekannten, lebt von der Hand in den Mund und tritt mal hier, mal dort auf. Er hat zwar eine Plattenfirma, aber Geld hat er von ihr nicht zu erwarten. Und die Platten seines ersten Soloalbums mit dem Titel Inside Llewyn Davis liegen unverkauft in einer Kiste bei Freunden herum.

Zwischendurch fährt er im Auto des Jazzmusikers Roland Turner (John Goodman) mit nach Chicago. Hier will er sein Glück versuchen und bei dem legendären Produzenten Bud Grossman vorspielen (reales Vorbild ist Albert Grossman, der Entdecker von Peter, Paul & Mary). Grosman lobt zwar Gitarrenspiel und Gesang, aber »er sieht kein Geld«. Qualität und Karriere haben also schon immer wenig miteinander zu tun.

Jeder kennt doch Menschen, die extrem gut sind mit dem was sie tun – und trotzdem werden sie nie erfolgreich. Das ist eben so. [Joel Coen].

»Odysseus«, Foto © Friedhelm Denkeler 2010
»Odysseus«, Foto © Friedhelm Denkeler 2010

Die Coen-Brüder zeigen in ihren Filmen stets die harte Wirklichkeit. Dieses Mal sind die Helden Bohemiens, eher Looser, im Greenwich Village. Am Ende des Films sieht und hört man auf der Bühne einen Folkmusiker, der wie der junge Bob Dylan aussieht, singen. Mit Bob Dylan begann dann die neue Ära der Kommerzialisierung der Protestsongs. Die Diskussion, unabhängig und authentisch zu bleiben oder Kompromisse einzugehen und Geld zu verdienen, geht bis heute weiter. Der Film zeigt in der Anfangs- und Schlussszene drastisch, was den meisten Jung-Künstlern noch bevorstehen wird.

Was hat das nun alles mit meinem Katzenbild zu tun? Einfach diese Verlierergeschichte ohne Happy-End, dafür aber mit lakonischem Humor, anschauen. Und das insbesondere, wenn man den Folk liebt, denn alle Songs werden im Film voll ausgespielt. Die Katze im Film heißt übrigens „Odysseus“. Trailer

Der Eröffnungsfilm der Berlinale 2011: »True Grit« von den Coen-Brüdern

Von Friedhelm Denkeler,

Ein alter Zausel (Jeff Bridges), ein aufschneidender Ranger (Matt Damon) und ein Mädchen mit echtem Schneid (Hailee Steinfeld)

Foto © Friedhelm Denkeler 2011
Foto © Friedhelm Denkeler 2011

Der erste Western, den ich seit ewigen Zeiten im Kino gesehen habe, war der Eröffnungsfilm der 61. Internationalen Filmfestspiele Berlin »True Grit« von Ehtan und Joel Coen. Wann lief überhaupt das letzte Mal ein Western im Kino? Das muss Jagdgründe her sein. Eine Welturaufführung war es nicht, der Film läuft bereits mit großem Erfolg in den Staaten.

Karten für die Eröffnungsveranstaltung am Donnerstag zu bekommen, war unmöglich, also sahen wir den Coen-Film gestern Nachmittag in der Wiederholung im Friedrichstadtpalast und auch das nur aufgrund persönlicher Kontakte. Es hat sich gelohnt. True Grit ist ein richtig guter,  sehenswerter Film. Ein gelungener Auftakt zur Berlinale, der sich am späteren Abend mit »Margin Call« (Kevin Spacey und Jeremy Irons in den Hauptrollen) fortsetzte (Bericht folgt morgen).

Alle Elemente eines klassischen Western sind in True Grit enthalten: Pferde, Pistolen, Goldstücke, ein Marshal und ein Texas-Ranger, Lagerfeuer unterm Sternenhimmel, Bankräuber, weite Prärie, eine Schlangengrube, einsame Holzkaten, winterlicher Wald, Schießereien mit tödlichem Ausgang aus unmöglicher Entfernung und ein weiblicher Racheengel.

Letzterer ist allerdings für einen Western eher unüblich. In der Regel agieren dort nur Männer (die Girls im Saloon einmal ausgenommen), aber in True Grit spielt die 14jährige Mattie Ross die Hauptrolle. In der Regel wird auch sehr viel geschossen und wenig geredet, in True Grit ist es eher umgekehrt. Die teilweise witzigen Dialoge, bei denen die weibliche Protagonistin meist wortführend ist, machen daher auch einen wichtigen Teil des Films aus.

Arkansas, 1872. Hier beginnt das Indianergebiet, in das sich Tom Chaney geflüchtet hat. Ihm auf den Fersen ist die 14-jährige Mattie Ross, die Tochter des Farmers, den er erschoss. Sie will den Mörder ihres Vaters vor Gericht bringen – mit eisernem Willen. Hilfesuchend wendet sie sich an den Marshal Rooster Cogburn, dem ein legendärer Ruf vorausgeht. Und das zu Recht: Auf 23 Tote in vier Dienstjahren hat er es gebracht – darunter aber, so Cogburn, „keiner, der es nicht verdient hätte“. Starrsinnig, betrunken, einäugig: Cogburn mit seinem zerzausten Haar, seiner Augenklappe und seinen abgetragenen Klamotten sieht nicht gerade vertrauenswürdig aus. Doch sucht Mattie ja gerade nach der Entschlossenheit, eine Sache bis zum Ende durchzuziehen. Widerwillig lässt Cogburn sich von Mattie überreden, sie auf die Jagd nach Chaney mitzunehmen – quer durch die gesetzlosen Weiten der Prärie. Doch sie sind nicht allein, denn auch der Texas-Ranger LaBoeuf will den Flüchtigen stellen, um eine Kopfprämie zu kassieren. Und schon bald kommt Mattie dem Mörder ihres Vaters gefährlich nah … (Quelle: Filmbeschreibung)