Bruce Nauman – Dream Passage

Von Friedhelm Denkeler,

Nationalgalerie Hamburger Bahnhof Berlin vom 01. Juni bis 15. August 2010. Raum ohne meine Seele, ein Raum, dem das gleichgültig ist.

Unter dem Titel Dream Passage stellt die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof den amerikanischen Künstler Bruce Nauman erstmals mit einer großen Werkschau in Berlin vor. Anlass der Ausstellung ist die Realisierung der Architektur-Skulptur »Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care« von 1984, die der Nationalgalerie unlängst durch den Sammler Friedrich Christian Flick geschenkt wurde. Damit ergibt sich die Möglichkeit, die größte Innenraumskulptur des Künstlers permanent zu zeigen, nachdem bereits seit 2005 seine Außenraumskulptur »Double Cage Piece« von 1974 auf dem Gelände des Hamburger Bahnhofs zu sehen ist.

»Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care« (Detail), Bruce Nauman, Hamburger Bahnhof, Berlin, Foto © Friedhelm Denkeler 2010
»Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care« (Detail), Bruce Nauman, Hamburger Bahnhof, Berlin, Foto © Friedhelm Denkeler 2010

Am Ende des Ganges durch die Rieckhallen und ist nun dauerhaft die Skulptur in der unrenovierten Halle 5 installiert. Sie besteht aus drei sich durchkreuzenden Korridoren, die begehbar sind. Am interessantesten finde ich den vierten Korridor, der abgedeckt durch ein Gitter, in das Kellergeschoss führt. Ob diese Skulptur, wie der Einladungstext schreibt, der Höhepunkt innerhalb der Werkserie der »Dream Passages« ist, sei dahingestellt. Kleinere Skulpturen, wie das Modell »for for Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care« finde ich spannender.

In der zentralen Halle des Museums werden in einer Installation einige herausragende Beispiele der sogenannten Erfahrungsarchitekturen des Künstlers gezeigt. Ende der 1960er Jahre begann Nauman, Korridore und Räume zu bauen, die von den Besuchern betreten werden können und die Erfahrungen des Eingeschlossenseins, des Ausgesetztseins und der räumlichen Verunsicherung hervorrufen. Präsentiert wird etwa die komplexe Arbeit »Corridor Installation (Nick Wilder Installation)« von 1970, in der die Besucher, von Videokameras erfasst, ihrem eigenen Bild gegenübertreten. Der »Corridor with Mirror and White Lights« von 1971 ist hingegen nicht betretbar: Das Werk evoziert jedoch die Vorstellung, sich in dem schmalen Raum dem eigenen Spiegelbild anzunähern. In dem für die documenta 5 gebauten »Kassel Corridor: Elliptica Space« von 1972 wiederum darf sich jeweils nur ein Besucher für maximal eine Stunde aufhalten, um die klaustrophobische Situation zu erfahren. Die Besucher waren jedoch nach wenigen Minuten wieder draußen, aber weniger wegen der klaustrophobische Situation. Da die Skulptur nach oben offen ist, stellte sich die Gefühl jedoch nicht ein.

Seit Beginn der 1980er Jahre traten in Naumans Werk zusätzliche Vorstellungen in den Vordergrund. Hiervon zeugen zum einen aggressiv anmutende Skulpturen, in denen hängende Stühle aus Metall zum Einsatz kommen – zu sehen ist die Arbeit »Musical Chair« von 1983 – mit denen der Künstler eine Kritik an Folter und Gewalt in totalitären Regimen verband. Zum anderen entstanden komplexe Neonarbeiten wie »American Violence«, 1981- 82, oder »Sex and Death / Double 69«, 1985, die den Zusammenhang von Sex, Gewalt und Tod thematisieren.

Anlässlich der Ausstellung Dream Passage sind in den Rieckhallen des Hamburger Bahnhofs weitere Arbeiten Naumans im Dialog mit Werken von Generationsgenossen wie z.B. Robert Morris, Eva Hesse, Richard Jackson oder Nikolaus Lang und jüngeren Künstlern wie Absalon oder Manfred Pernice aus den Sammlungsbeständen des Museums zu sehen.