In dieser Kategorie erscheint am ersten Tag eines Monat öfter ein bildlich umgesetzter Post mit einem Zitat. Das kann eine Photographie mit einem Spruch sein oder ein Bild, das grafisch mit dem Zitat des Monats gestaltet wurde.
Friedhelm Denkeler
Der Rest vom Palast
Von Friedhelm Denkeler,
Nein, das Photo ist nicht im September 1945 in Berlin entstanden, sondern 63 Jahre später im September 2008 auf der Spreeinsel auf dem heutigen Schlossplatz. Nach dem Krieg sah es mehr oder weniger überall in Berlin so aus. Hier ist allerdings der Rest vom Palast der Republik, der zwischen 1973 und 1976 von der DDR gebaut wurde, zu sehen. Neben einem Kongresssaal für 5000 Personen, diente er auch als Sitz der DDR-Volkskammer und war gleichzeitig Kulturhaus mit zahlreichen Gaststätten und einem Theater. Zwischen 2006 und 2008 wurde er abgerissen.
Vor dem Bau des Palastes der Republik stand hier der Ostflügel des im Zweiten Weltkrieg ausgebrannten Berliner Stadtschlosses. Trotz internationaler Proteste wurde die Ruine 1950 auf Weisung der DDR-Führung zugunsten eines Aufmarschplatzes mit Tribüne gesprengt. Durch den Abriss des Palastes und dem gleichzeitigen Plan, ein Humboldt-Forum mit teilweise barocken Fassaden in Anlehnung an das Schloss zu errichten, bestand nun die Chance, die historische Mitte Berlins architektonisch wiederherzustellen. Ein einzigartiges Ensemble, das mit dem Stadtschloss (heute: Humboldt-Forum) , dem Zeughaus (heute: Historisches Museum), dem Berliner Dom und dem Lustgarten mit dem Alten Museum ein Karree bildet, ist nun sichtbar geworden.
Anmerkung zur Kategorie »In den Straßen von Berlin«
Die work in progress-Serie »In den Straßen von Berlin« besteht aus großformatigen Farb-Fotos aus dem Nach-Wende-Berlin. Die Photographien zeigen den Wandel des Stadtbildes seit dem Jahr 2000: Abriss des Palastes der Republik und neue Hotels, hauptsächlich im Ost-Teil der Stadt, Bautätigkeiten im alten Westen, das Tempelhofer Feld, das seit 2008 als Flugbahn ausgedient hat, Touristenströme am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie, am Hauptbahnhof und im Lustgarten in Mitte. Das Portfolio wird laufend ergänzt. Ein Künstlerbuch ist für 2024 geplant.
Eine visuelle Übersicht mit Teaser der Reihe »In den Straßen von Berlin« finden Sie hier.
Wie ein klirrender Aschenbecher zum Millionenseller wurde
Von Friedhelm Denkeler,
1966 – The Beach Boys: »Barbara Ann«. Das Gesamtkunstwerk »Pet Sound« – Eines der ersten Konzeptalben der Rockgeschichte
Die Beach Boys planten für ihre aus Coverversionen zusammengesetzte LP Beach Boys’ Party! auch eine Live-Aufnahme von Barbara Ann. Dazu versammelten sie sich in einem Tonstudio in Hollywood mit vielen illustren Gästen. Es herrschte eine partyähnliche Stimmung. Der Song wurde ohne vorherige Proben gesungen, was an der mangelnden Textsicherheit der Beteiligten erkennbar ist. Gleich während der ersten Strophe geht kurzzeitig die Erinnerung an den Text verloren; jemand ruft »Hal and his famous ashtrays«, woraufhin klirrende Aschenbecher zu hören sind. Der Song wurde als Single ausgekoppelt, der zu einem Millionenseller wurde.
Die Beach Boys wurden 1961 von den Brüdern Brian, Dennis und Carl Wilson, ihrem Cousin Mike Love und Alan Jardine gegründet. Neben der bekannten Single Barbara Ann entstanden die Songs Surfin’ USA, I Get Around, Help Me Rhonda, California Girls, Sloop John B, Wouldn’t It Be Nice, Heroes and Villains, Kokomo, God Only Knows und Good Vibrations. Die Songs waren geprägt von harmonischen Gesangsparts, eingängigen Melodien und den Themen Surfen und Strandkultur Kaliforniens. Die Boys schufen einen einzigartigen Sound, der von Doo-Wop, Rock ’n’ Roll und a cappella-Gesang inspiriert war.
Durch die sonnigen und surf-inspirierten Klänge und den a cappella-Gesang der Band waren die Beach Boys damals nicht meine bevorzugte Musik. Daran änderte sich auch nichts, als 1966 das Konzeptalbum »Pet Sound« erschien. Damals erhielt es wenig Anerkennung, aber es hat seitdem zahlreiche Fans gefunden und inzwischen von Kritikern als Meisterwerk der Pop-Musik betrachtet. Das Album wird oft als eines der besten Alben aller Zeiten bezeichnet und bleibt ein entscheidender Moment in der Musikgeschichte. Dies kann ich so nicht nachvollziehen.
Das Album bot eine atmosphärische, komplexe und oft melancholische Musik, die als Wegbereiter für die psychedelische Pop-Musik angesehen wird. Brian Wilson, der Kopf hinter den Beach Boys, verbrachte Monate damit, das Album aufzunehmen und zu produzieren. Er nutzte innovative Studiotechniken, einschließlich der Verwendung von Overdubs und elektronischen Effekten, um einen völlig neuen Klang zu erschaffen. Die Lyrics handeln von Themen wie Einsamkeit, Verlust und Selbstzweifeln, was für die Zeit ungewöhnlich war.
Für das Jahr 1966 müsste ich noch über viele weitere Songs aus meiner Jugendzeit berichten, aber das sprengt den Rahmen dieses Buches: The Rolling Stones: »Get Off Of My Cloud«, The Kinks: »Dead End Street«, The Byrds: »Eight Mile High«, Procol Harum: »A Whiter Shade Of Pale«, Walker Brothers: »The Sun Ain’t Gonna Shine Anymore«, The Rolling Stones: »19th Nervous Breakdown«, Monkees: »Daydream Believer«, The Beatles: »All You Need Is Love« und Chris Andrews: »Yesterday Man«. Auch einen deutschen Hit darf ich nicht vergessen – Drafi Deutscher mit »Marmor, Stein und Eisen bricht«. In meinem Rock-Archiv finden sich in den 1960er Jahren besonders viele hörenswerte Songs, in den Jahrzehnten davor und danach weniger. Dies habe ich bei der Auswahl in diesem Buch berücksichtigt.
Songtext – The Beach Boys: »Barbara Ann«
Ah, ba ba ba ba Barbara Ann Ba ba ba ba Barbara Ann Oh Barbara Ann, take my hand Barbara Ann You got me rockin' and a-rollin' Rockin' and a-reelin' Barbara Ann ba ba Ba Barbara Ann Went to a dance, lookin' for romance Saw Barbara Ann, so I thought I'd take a chance With Barbara Ann, Barbara Ann Take my hand You got me rockin' and a-rollin' (Oh! Oh!) Rockin' and a-reelin' Barbara Ann ba ba Ba ba ba ba black sheep Ba ba ba ba Barbara Ann Ba ba ba ba Barbara Ann Barbara Ann, take my hand Barbara Ann You got me rockin' and a-rollin' Rockin' and a-reelin' Barbara Ann ba ba Ba Barbara Ann (Let's go now!) (Ow!) (...) (..., Carl.) (Hal, and his famous ashtray) (...) (You smell like Rocky. You're always scratchin' it.) (Hey, come on!) (Scratch it, Carl, scratch it, baby, right over there. Down a little lower. Down a little lower!) (Saw-- Tried--) Tried Peggy Sue Tried Betty Lou,Tried Mary Lou But I knew she wouldn't do Barbara Ann, Barbara Ann Take my hand Barbara Ann Take my hand You got me rockin' and a-rollin'
Rockin' and a-reelin' Barbara Ann ba ba Ba Barbara Ann Ba ba ba ba Barbara Ann Ba ba ba ba Barbara Ann Barbara Ann Take my hand Barbara Ann You got me rockin' and a-rollin' Rockin' and a-reelin' Barbara Ann ba ba Ba Barbara Ann Barbara Ann, Barbara Ann Oh, Barbara Ann, Barbara Ann Yeah, Barbara Ann, Barbara Ann Barbara Ann, Barbara Ann You got me rockin' and a-rollin' Rockin' and a-reelin' Barbara Ann ba ba Ba Barbara Ann (Let's try that again. One more.) You got me rockin' and a-rollin' Rockin' and a-reelin' Barbara Ann ba ba Ba Barbara Ann (Ha ha. Let's try it one more time.) You got me rockin' and a-rollin' Rockin' and a-reelin' Barbara Ann ba ba Ba Barbara Ann (Let's try it once more.) (One more time. More artistic flavor.) One more time You got me rockin' and a-rollin' Barbara Ann Woah You got me rockin' You got me rollin' Oh, Barbara Ann (Thank you very much, folks.) (Thanks, Dean.) (Yeah, it's not bad.)
In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2025 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.
Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.
Ein beliebter Treffpunkt der Touristen – Die Spanische Treppe in Rom
Von Friedhelm Denkeler,
»Auf den Spuren des Römischen Reiches«. Ein Portfolio und Künstlerbuch über vierzehn römische Stadtgänge.
Rom Tag VIII: »Ein beliebter Treffpunkt der Touristen – Die Spanische Treppe in Rom«
Zu den bekanntesten Freitreppen der Welt zählt die Potemkinsche Treppe in der ukrainischen Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer mit 192 Stufen und die Spanische Treppe in Rom, die von der Piazza di Spagna in 138 Stufen hinauf zur Kirche Santa Trinità dei Monti führt. Die Treppe besteht aus drei Teilen. Zunächst gelangt man auf die erste Terrasse; zur zweiten Terrasse gehen zwei parallele seitliche Läufe empor und das letzte Stück führt dann hinauf zur Kirche Trinità dei Monti. Die Dreiteilung der Treppe bezieht sich auf die Heilige Dreifaltigkeit der Kirche. Der offizielle Name der Treppe ist Scalinata di Trinità dei Monti, Treppe der Heiligen Dreifaltigkeit vom Berge. Im Jahr 1723 befand sich anstelle der Treppe noch ein wild bewachsener Hang.
Heutzutage ist die Spanische Treppe überaus belebt; sie ist ‚der‘ Treffpunkt von Touristen aus aller Welt geworden. Bereits im 18. und 19. Jahrhundert wurde die Gegend rund um die Piazza di Spagna durch Künstlergemeinschaften belebt und zog Neugierige und Interessierte in ihren Bann. Am Fuße der Treppe liegt der barocke Brunnen Fontana della Barcaccia in Form eines Kahns. Dieser soll bei einer Überschwemmung des Tiber hier angespült worden sein. Oben schließt die Spanische Treppe mit dem 14 Meter hohen Obelisken Obelisco Sallustiano und mit einem atemberaubenden Blick auf Rom ab.
Anmerkungen zum Porfolio »Auf den Spuren des Römischen Reiches«
Unsere sieben Tage in Rom im Jahr 2011 sind eine Reminiszenz an die sieben Hügel, auf denen Rom erbaut worden sein soll. Aber nach den ersten Tagen wurde deutlich, dass für das geplante Buch vierzehn Kapitel notwendig sind. Es geht bei den Photographien um die Stimmungen und die visuellen Eindrücke und weniger um die historischen Begebenheiten. Das Portfolio wird auf meiner Website LICHTBILDER ausführlicher mit den vierzehn Kapiteln der römischen Stadtgänge vorgestellt.
Die vierzehn Kapitel der römischen Stadtgänge im JOURNAL
- Rom Tag I: »Im Haus der Ponzianis – Casa di Santa Francesca Romana a Ponte Rotto«
- Rom Tag II: »Jenseits des Tiber – Von Trastevere über die Quattro Capi zur Altstadt«
- Rom Tag III: »Unter Löwen und Touristen – Das Kolosseum, ein Stadion der Grausamkeiten für 60 000 Besucher«
- Rom Tag IV: »Auf den Spuren des Römischen Reiches – Forum Romanum, der Mittelpunkt der römischen Welt«
- Rom Tag V: »Das Pantheon, der Tempel aller Götter – Eine architektonische Harmonie zwischen Himmel und Sonne«
- Rom Tag VI: «La Dolce Vita an der Fontana di Trevi – Unter münzwerfenden Touristen am größten Brunnen Roms«
- Rom Tag VII: »Im Schatten der Pinienwälder – Ostia Antica, die Hafenstadt des antiken Roms«
- Rom Tag VIII: »Ein beliebter Treffpunkt der Touristen – Die Spanische Treppe in Rom«
- Rom Tag IX: »Vom Mausoleum, über die Kastellburg zum Museum – die Engelsburg«
- Rom Tag X: »Die Piazza Navona – heute ohne Wagenrennen, aber mit vielen Touristen»
- Rom Tag XI: »Emanuele II – Mit Romulus und Remus über die Sieben Hügeln gehen«
- Rom Tag XII: »Kaiserforen – Warum Kaiser Trajan für seinen Prachtbau einen Berg planierte«
- Rom Tag XIII: »Vatikan – Der kleinste Staat, der größte Platz und die größte Kirche der Welt«
- Rom Tag XIV: »Römische Impressionen – Pyramide, Circus Maximus, Katzenplatz und Nachtgänge«
Jardín Botánico de Sóller
Von Friedhelm Denkeler,
Das Jardín Botánico de Sóller auf Mallorca ist ein wunderbarer Ort, der die Schönheit und Vielfalt der mediterranen Pflanzenwelt offenbart. Er beherbergt eine beeindruckende Sammlung von über 1.000 verschiedenen Pflanzenarten, darunter seltene endemische Arten, exotische Gewächse und eine Vielzahl von einheimischen mediterranen Pflanzen.
Auf dem Holzweg. Oder: Birken im Moorwasser
Von Friedhelm Denkeler,
Ein neues Portfolio auf meiner Website LICHTBILDER: »Westfälische Landschaften«. Eine fotografische Hommage an die Kulturlandschaft zwischen Weserstrom und Teutoburger Wald: Erinnerungen, Entdeckungen und Kulturdenkmale.
Meine Kindheit und Jugend verbrachte ich in den 1950er/60er-Jahren in der Kulturlandschaft Ost-Westfalen zwischen dem Weserstrom, dem Weser- und Wiehengebirge, dem Stemweder Berg, dem Teutoburger Wald und dem Übergang zur Norddeutschen Tiefebene. Die Serie besteht aus den sechs Kapiteln »Der Bauernhof«, »Im Scheunenviertel«, »Das Teufelsmoor«, »Winter in Westfalen«, »Auf Feld und Flur» und »Im Teutoburger Wald«.
Siehe hierzu der Artikel »Ein landschaftlicher Rückblick auf meine Kindheit und Jugendzeit« und der ausführliche Artikel zu den sechs Kapiteln »Zu den Photographien aus Ost-Westfalen 1975 bis 2000«. Das gesamte Portfolio besteht aus 113 Photographien 30 x 45 cm, die zwischen 1975 und 2000 entstanden sind. Die Bilder sind auch als gedrucktes Künstlerbuch mit 144 Seiten im Format 30×21 cm 2022 erschienen.
Die optische Täuschung des Marcel Proust
Von Friedhelm Denkeler,
In dieser Kategorie erscheint am ersten Tag eines Monat öfter ein bildlich umgesetzter Post mit einem Zitat. Das kann eine Photographie mit einem Spruch sein oder ein Bild, das grafisch mit dem Zitat des Monats gestaltet wurde.
Das Phänomen der optischen Verwirrung in der Photographie
Von Friedhelm Denkeler,
Wie mein Bild »Optische Täuschung« in der New York Times landete
Eine Photographie ist ein Geheimnis über ein Geheimnis. Je mehr es dir sagt, desto weniger weißt du. [Diane Arbus]
Was ist das Geheimnis einer künstlerischen Photographie? Die meisten Benutzer betrachten ihre Kamera als zuverlässigen Aufzeichner visueller Erlebnisse und die entstandenen Bilder als dokumentarische Aufzeichnung. Die Photographie gilt seit jeher als das Medium, das ein exaktes Abbild der Wirklichkeit darstellt. Aber Photographen, insbesondere diejenigen, die das Medium zum Schaffen von Kunst nutzen, wussten es schon immer besser: Es geht nicht um den vordergründigen Inhalt.
Warum uns Bilder faszinieren, die eine optische Verwirrung aufweisen
Es gibt eine besondere Art von Photographien, in denen der Inhalt nicht sofort erkennbar ist und die beim Betrachter eine optische Verwirrung erzeugen. Es geht um Bilder, die durch unmögliche Gegenüberstellungen oder verwirrende räumliche Anordnungen verblüffen, während andere den Glauben des Betrachters an das dokumentarische Versprechen der Photographie zunichtemachen. Der Betrachter wird beunruhigt und zum Nachdenken angeregt, ob der verblüffenden Verzerrungen, der visuellen Verschiebungen und ihrer Skurrilität.
Bei all diesen Bildern ist man verblüfft, geht es um doch um Bilder, die nicht mit Hilfe von ›Tricks‹ per Bildbearbeitungs-Software entstanden sind, sondern konventionell durch das Aufnahmeobjektiv gesehene, eingefangene Bilder der realen Welt. Ob beabsichtigt oder nicht, man muss sie immer wieder anschauen. Bei jedem einzelnen beeindruckenden Bild muss man sich anstrengen, um herauszufinden, ›was hier los ist‹. Damit soll nichts gegen gute Photographien, die von menschlicher Hand beeinflusst sind, gesagt sein. Aber vielleicht geht ihnen eine gewisse fotografische Integrität verloren.
Warum faszinieren uns Bilder, die eine optische Verwirrung aufweisen? Schon früh im Leben werden wir Experten darin, visuelle Situationen zu verstehen; das ist eine grundlegende menschliche Erfahrung. Es passiert eher selten, dass uns Dinge begegnen, die wir nicht oder nicht gleich einordnen können. Wenn man darüber nachdenkt, gibt es fast immer eine zeitliche Lücke zwischen Sehen und Verstehen – so winzig sie auch erscheinen mag. Der Moment, kurz bevor wir eine Wahrnehmung in eine konventionelle Kategorie einordnen, in dem unsere Sinne und unser Geist wachsam sind für das, was wir vor uns sehen – das ist der ›Sweet Spot‹ der Kunst.
Der ›Sweet Spot‹ der Kunst
Diesen ›Sweet Spot‹ der Kunst scheint auch Randy Kennedy, einen Kunstkritiker der ›New York Times‹, in meiner Photographie »Optische Täuschung« fasziniert zu haben. Nach telefonischer Rücksprache mit Joshua Chuang, dem Kurator der Ausstellung »Optical Confusion in Modern Photography«, erschien am 4. Januar 2009 in der Times die ganzseitige (sic!) Besprechung des Werkes.
Randy Kennedy sieht in der Photographie, die in einem Restaurant entstanden ist, eine prosaische, fast impulsive Aufnahme, eine Art Selbstporträt, das meine eigene Hand zeigt, die mit der einer Frau verschränkt ist und auf dem Tisch ruht. Aber der Tisch scheint seltsamerweise verdoppelt zu sein, als würde er sich in einem Spiegel widerspiegeln. Und bei näherer Betrachtung scheint der Spiegel seine Aufgabe schlecht zu erfüllen, was bei dem Betrachter eine fast schwindelerregende Suche nach der richtigen Art und Weise, das Bild zu betrachten, auslöst.
»One photograph in the show, by Friedhelm Denkeler, a Berlin photographer, is a prosaic, almost impulsive shot he took in 1981, early in his career, at a restaurant. He considered it a kind of self-portrait, showing his own hand, interlocked with ·a woman’s, resting on a table next to an ashtray. But the table oddly seems to be doubled, as if reflected in a mirror. And, upon closer inspection, the mirror seems to be doing its job poorly, setting up an almost vertiginous search by the viewer for the right way to Iook at the picture«. [Randy Kennedy, Auszug ›New York Times‹, 4. Januar 2009].
Wie mein Bild in die ›New York Times‹ kam
Wie kam nun meine Photographie »Optische Täuschung« in die New York Times? Das ist eine verschlungene Geschichte. Die Bilder von acht West-Berliner Fotografen der »Werkstatt für Photographie« tourten 1984 durch die USA, unter anderem in die »Jones Troyer Gallery«, Washington D.C. Die Ausstellung »Fotografie aus Berlin«, kuratiert von Lewis Baltz und John Gossage, beinhaltete von mir zwölf Photographien. Hier entdeckte der New Yorker Sammler Allan Chasanoff mein Bild »Optische Täuschung« und kaufte es für seine »Allan Chasanoff Photographic Collection«.
Chasanoff liebt Bilder, die ihn verwirren. Er baute seit 1979 seine Sammlung auf, indem er sich fragte, was passiert, wenn die Kamera die reale Welt einfängt, das resultierende Bild jedoch eher Verwirrung als Klarheit erzeugt und den Ruf der Fotografie als verlässliches Dokument in Frage stellt. Nach dem Ende seiner fotografischen Sammlertätigkeit vermachte er Anfang der 1990er Jahre dem »Museum of Fine Art«, Houston und der »Yale University Art Gallery«, New Haven, Fotografien unterschiedlichster Fotografen aus dem 20. Jahrhundert aus seiner Sammlung.
Der Fotokurator der »Yale University Art Gallery«, Joshua Chuang, präsentierte vom 7. Oktober 2008 bis zum 4. Januar 2009 mehr als 100 Photographien aus der »Allan Chasanoff Photographic Collection« in seiner Galerie unter dem Titel »First Doubt: Optical Confusion in Modern Photography«. Teil der Ausstellung und des gleichnamigen Buches war auch mein Bild »Optische Täuschung«. Hier entdeckte Randy Kennedy das Bild für die ›New York Times‹ und hier endet (vorläufig) die Geschichte des Bildes.
Dokumente
Schwarzer Marmor vor blauen Himmel
Von Friedhelm Denkeler,
Anmerkungen zum Portfolio/ zur Kategorie »Sonntagsbilder»
Der Versuch einer Definition: Was ist eigentlich ein Sonntagsbild? Ein ›schönes‹ Bild (was auch immer das nun wieder heißen mag; es ist in Farbe; es passt in keine andere Kategorie; es gehört nicht zu einer Serie von Bildern, es ist ein Einzelbild. Aber es ist kein Sonntagsbild im Sinne der Sonntagsmalerei.
Am 26. Februar 2012 erschien in meinem Blog das erste Sonntagsbild. Und jeden Sonntag gab es ein neues – Ausnahmen bestätigten die Regel. Die Sonntagsbilder stammen aus dem Portfolio »Sonntagsbilder«, das ich 2005 abgeschlossen habe. Aber der Titel Sonntagsbild ist einfach ein zu schöner Titel. Unter dieser Prämisse führe ich die Kategorie »Sonntagsbilder« in meinem Blog bis auf weiteres mit Fotos aus meinem Archiv und mit neuen Aufnahmen weiter.
Das denkmalgeschützte Scheunenviertel in Schlüsselburg – Ein historisches Juwel der Landwirtschaft im Kreis Minden-Lübbecke in Ost-Westfalen
Von Friedhelm Denkeler,
Ein neues Portfolio auf meiner Website LICHTBILDER: »Westfälische Landschaften«. Eine fotografische Hommage an die Kulturlandschaft zwischen Weserstrom und Teutoburger Wald: Erinnerungen, Entdeckungen und Kulturdenkmale.
Meine Kindheit und Jugend verbrachte ich in den 1950er/60er-Jahren in der Kulturlandschaft Ost-Westfalen zwischen dem Weserstrom, dem Weser- und Wiehengebirge, dem Stemweder Berg, dem Teutoburger Wald und dem Übergang zur Norddeutschen Tiefebene. Die Serie besteht aus den sechs Kapiteln »Der Bauernhof«, »Im Scheunenviertel«, »Das Teufelsmoor«, »Winter in Westfalen«, »Auf Feld und Flur» und »Im Teutoburger Wald«.
Siehe hierzu der Artikel »Ein landschaftlicher Rückblick auf meine Kindheit und Jugendzeit« und der ausführliche Artikel zu den sechs Kapiteln »Zu den Photographien aus Ost-Westfalen 1975 bis 2000«. Das gesamte Portfolio besteht aus 113 Photographien 30 x 45 cm, die zwischen 1975 und 2000 entstanden sind. Die Bilder sind auch als gedrucktes Künstlerbuch mit 144 Seiten im Format 30×21 cm 2022 erschienen.
Elf – Die Zahl, die nur halb so groß ist wie 22, aber doppelt so mysteriös klingt: ein Rätsel in Zahlen
Von Friedhelm Denkeler,
Aber wo ist die andere Hälfte? Die andere Hälfte der Zahl 11 befindet sich natürlich auf der anderen Seite der Photographie!
Der Mann, der niemals lächelt
Von Friedhelm Denkeler,
1966 – Them: »It’s All Over Now, Baby Blue«. Van Morrison mit »It’s All Over Now, Baby Blue« zum 70. Geburtstag
Der in Belfast geborene George Ivan Morrison, von allen Van Morrison genannt, wurde in dieser Woche siebzig Jahre alt. Vielleicht hat der ewige Grantler der Rockmusik an seinem Geburtstag, dem 31. August ausnahmsweise ein wenig gelächelt. Schließlich hat Queen Elisabeth II. den »größten lebenden weißen Bluessänger« [FAZ] am 12. Juni 2015 in den Adelsstand erhoben. Eigentlich müsste man also das Prädikat »Sir« vor seinen Namen stellen.
Obwohl sich seine von ihm 1964 gegründete Band »Them« bereits zwei Jahre später wieder auflöste, ist für ihn noch lange nicht alles aus. Bis heute wandelt er auf Solopfaden und produziert weiter Alben. Dabei bringt er solch unterschiedliche Musikstile wie Jazz, Blues, Country, Folk und Gospel unter einen (Rock-) Hut. Aber das ist wieder eine eigene Geschichte wert.
Die erste Hit-Single von »Them« war »Baby Please Don’t Go« mit Jimmy Page (!) als Session-Gitarrist (1964). Als B-Seite wurde übrigens »Gloria« gewählt, das sich später zum Klassiker mauserte. Es folgten »Here Comes the Night« (1965), »Mystic Eyes«“ aus dem Album »The Angry Young Them« (1965) und ein Jahr später die geniale Single »It’s All Over Now, Baby Blue« aus dem letzten Album »Them Again« mit Van Morrison als Sänger. Die Band löste sich leider 1966 wieder auf.
Das Original stammt von Bob Dylan. Inzwischen gibt es unzählige Cover-Versionen, zum Beispiel von den Rolling Stones, Byrds, Falco oder Marianne Faithfull. Aber die Interpretation von Them ist und bleibt mein Favorit. Van Morrison hat mit seiner »herbstschönen, so rauen wie expressiven Bluessoulstimme, wie sie sonst kein zweiter Weißer« [Der Tagesspiegel] daran sicherlich den größten Anteil. Zum Geburtstag wünscht man ja einiges; aber wenn jemand solch herrliche Stimme hat, dann hat er eigentlich bereits alles.
[Dieser Artikel erschien erstmalig in meinem Block JOURNAL am 2. September 2015].
Songtext – Them: »It’s All Over Now, Baby Blue«
You must leave now take what you need You think will last But whatever you wish to keep you better grab it fast Yonder stands your orphan with his gun Crying like a fire in the sun Look out baby, the saints are comin′ through And it's all over now baby blue The highway is for gamblers better use your sense Take what you have gathered from coincidence The empty handed painter from your streets Is drawing crazy patterns on your sheets The sky too is fallin in over you- ooo And it′s all over now baby blue
Leave your stepping stones behind There's something that calls for you Forget the debt you left that will not follow you Your lover who has just walked through the door Has taken all his blankets from the floor The carpet too is foldin' over you And it′s all over now baby blue Well strike another match, yeah, go start a-new Go start a-new ′Cause it's all over now baby blue Hey, hey, yeah It′s all over, it's all over now baby blue It′s all over now, it's all over now baby blue
In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2025 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.
Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.
1. Mai-Kundgebung 1975 am Rathaus Schöneberg
Von Friedhelm Denkeler,
»Das Volk selber soll entscheiden – Volksentscheid gegen den § 218«
Ein vollständig eingerichtetes Westfälisches Bauerngehöft und eine Burgruine in Rahden
Von Friedhelm Denkeler,
Ein neues Portfolio auf meiner Website LICHTBILDER: »Westfälische Landschaften«. Eine fotografische Hommage an die Kulturlandschaft zwischen Weserstrom und Teutoburger Wald: Erinnerungen, Entdeckungen und Kulturdenkmale.
Meine Kindheit und Jugend verbrachte ich in den 1950er/60er-Jahren in der Kulturlandschaft Ost-Westfalen zwischen dem Weserstrom, dem Weser- und Wiehengebirge, dem Stemweder Berg, dem Teutoburger Wald und dem Übergang zur Norddeutschen Tiefebene. Die Serie besteht aus den sechs Kapiteln »Der Bauernhof«, »Im Scheunenviertel«, »Das Teufelsmoor«, »Winter in Westfalen«, »Auf Feld und Flur» und »Im Teutoburger Wald«.
Siehe hierzu der Artikel »Ein landschaftlicher Rückblick auf meine Kindheit und Jugendzeit« und der ausführliche Artikel zu den sechs Kapiteln »Zu den Photographien aus Ost-Westfalen 1975 bis 2000«. Das gesamte Portfolio besteht aus 113 Photographien 30 x 45 cm, die zwischen 1975 und 2000 entstanden sind. Die Bilder sind auch als gedrucktes Künstlerbuch mit 144 Seiten im Format 30×21 cm 2022 erschienen.
Der Moleküle-Mann in der Spree
Von Friedhelm Denkeler,
30 Meter hoch, 45 Tonnen schwer und dennoch transparent und leicht, steht seit 1999 die Großskulptur von Jonathan Borofsky aus Aluminiumplatten mitten in der Spree in der Nähe der Elsenbrücke und der Treptowers. Hier befindet sich die Nahtstelle zwischen den ehemaligen Bezirken Friedrichshain, Kreuzberg und Treptow und gleichzeitig zwischen West- und Ostberlin.
Mit den drei Figuren erinnert Jonathan Borofsky daran, »dass sowohl der Mensch als auch die Moleküle in einer Welt der Wahrscheinlichkeit existieren und das Ziel aller kreativen und geistigen Traditionen ist, Ganzheit und Einheit innerhalb der Welt zu finden«. Kennengelernt habe ich Borofsky auf der »dokumenta 9« mit seinem Werk »Man Walking To The Sky«. Der Himmelstürmer steht inzwischen auf dem Platz vor dem Kulturbahnhof in Kassel.
Die work in progress-Serie »In den Straßen von Berlin« besteht aus großformatigen Farb-Fotos aus dem Nach-Wende-Berlin. Die Photographien zeigen den Wandel des Stadtbildes seit dem Jahr 2000: Abriss des Palastes der Republik und neue Hotels, hauptsächlich im Ost-Teil der Stadt, Bautätigkeiten im alten Westen, das Tempelhofer Feld, das seit 2008 als Flugbahn ausgedient hat, Touristenströme am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie, am Hauptbahnhof und im Lustgarten in Mitte. Das Portfolio wird laufend ergänzt. Ein Künstlerbuch ist für 2024 geplant.
Das Ei und die Kabelrolle – Wenn der Osterhase Elektriker wäre!
Von Friedhelm Denkeler,
Keine Verwicklungen zu Ostern: Das perfekte Osternest für Elektriker! Und wer jetzt denkt, dass ein Osternest mit Kabelrolle nicht besonders hübsch aussehen kann, der irrt sich.
Das Universum und die menschliche Dummheit sind unendlich – aber wer gewinnt das Rennen?
Von Friedhelm Denkeler,
Wenn Dummheit ins Unendliche geht: Albert Einstein über das Universum und die Menschheit.
In dieser Kategorie erscheint am ersten Tag eines Monat öfter ein bildlich umgesetzter Post mit einem Zitat. Das kann eine Photographie mit einem Spruch sein oder ein Bild, das grafisch mit dem Zitat des Monats gestaltet wurde.
Das Girl mit dem Perlenring
Von Friedhelm Denkeler,
1966 – Ross McManus: »Patsy Girl«. Ross McManus and the Joe Loss Blue Beats mit »Patsy Girl« und dem Telefunken magnetophon 300
Durch Zufall lese ich in der neuesten Ausgabe der »Rolling Stone« in einem Leserbrief die Worte »Patsy Girl«. Das löst unmittelbar ein Déjà-vu-Erlebnis aus: Ist das nicht der Song, den ich in den 1960er Jahren so sehr liebte? Im Netz habe ich ihn sofort gefunden: Ross McManus: »Patsy Girl«.
Es ist ein von Ross McManus (*1927, †2011), dem Vater von Elvis Costello, geschriebener und selbst gesungener Song aus dem Jahr 1964, den er mit der Band »The Joe Loss Blue Beats« aufnahm. Die Trompete blies er selber. Aber erst 1966 fand der Song den Weg von England nach Deutschland und Österreich. In der Deutschen Hitparade war er daraufhin 19 Wochen vertreten. Seine höchste Notierung lag auf Platz 15. Es blieb Ross McManus einziger Hit. 1970 nahm er noch ein Album mit Songs von Elvis Presley auf, sinnigerweise unter dem Titel »Elvis‘ Dad Sings Elvis«.
Patsy Girl ist eine große Reminiszenz an meine Jugendzeit in den 1960-Jahren. Den Song haben wir »Bei Pedro« in der Musikbox immer wieder gewählt – bis wir Ärger bekamen. Auch in den Discotheken in Bohmte und Diepholz wurde er immer wieder gespielt. Ein toller Song und auch nach so vielen Jahren noch hörenswert. Zu dieser Zeit gefielen mir die offiziellen Hitparaden im Radio überhaupt nicht; so stellte ich Woche für Woche meine eigene Hitparade auf. Leider sind diese persönlichen Charts aus der Zeit nicht mehr vorhanden; Ross McManus hatte ich im Sommer 1966 bestimmt mehrmals auf den ersten Platz gesetzt.
Aufgenommen habe ich die Songs damals mit einem Tonbandgerät der Marke »Telefunken Magnetophon 300«, einem Halbspurgerät. Es war eines der ersten portablen Tonbandgeräte, die Stromversorgung erfolgte über einen Akku oder über fünf Monobatterien, die Bandlaufgeschwindigkeit betrug 9,5 cm/s und mit einer speziellen Halterung konnte ich das Gerät auch im Auto betreiben.
Songtext – Ross McManus: »Patsy Girl«
Hey Patsy girl I love the way you're loving me And if you leave me How it will grieve me So don't you leave me With your kisses honey sweet sweet sweet You're the sweetest girl I meet meet meet Oh love my Patsy girl My Patsy girl I love my little Patsy girl
Hey Patsy girl I love the way you're kissing me I like a nice girl She likes a bright pearl You made my head whirl Gotta love you everyday day day So don't you ever go away way way Oh love my Patsy girl Yeh yeh Patsy girl Oh, oh, I love my little Patsy girl Patsy Patsy Patsy Patsy girl
In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2025 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.
Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.
Der öffentliche Raum ist nicht mehr öffentlich
Von Friedhelm Denkeler,
Erleben wir heutzutage das Ende der Street Photography?
Bedingt durch die aktuelle Gesetzgebung und durch das weltweite Teilen von fragwürdigen Bildern in den sozialen Medien stößt heutzutage das Fotografieren im öffentlichen Raum auf Misstrauen. Insbesondere die künstlerische Straßenfotografie ist damit sehr erschwert worden. Wären die Werke von Robert Frank oder Vivian Maier aus den 1950er Jahren heute so noch möglich?
Aktuell denke ich an die Bildbände von Enno Kaufhold mit »St. Pauli Fotografien 1975 – 1985« und Hansgert Lambers mit »Verweilter Augenblick«. In beiden Büchern liegen die Aufnahmen bereits mehrere Jahrzehnte zurück; damals standen die Menschen dem Fotografen noch positiv gegenüber, zumindest störte es sie nicht.
Grundsätzlich ist es heutzutage in Deutschland nicht erlaubt, eine Person ohne deren Einwilligung zu fotografieren (in anderen Ländern ist das weniger rigide) und insbesondere zu veröffentlichen. Aber in der Stadt zu fotografieren, ohne einen Passanten erkennbar abzulichten, ist oft unmöglich; denn Irgendeiner sieht immer in Richtung Kamera. Demnach dürfte es die künstlerische Street Photography in Deutschland nicht mehr geben, sie existiert natürlich trotzdem.
Kunstfreiheit oder Persönlichkeitsrecht?
Straßenaufnahmen entstehen in der Regel spontan und oft in zufälligen Momenten. Das Einholen einer vorherigen (schriftlichen) Einverständniserklärung ist sinnlos, denn dann ist der ›Entscheidende Augenblick‹ vorbei. Persönlich kenne ich auch keinen Fotografen, der sich vor oder nach der Aufnahme ein schriftliches OK geben lässt. Bei hunderten von Aufnahmen ist das auch utopisch, vor allem, wenn am Ende nur eine Aufnahme so wertvoll ist, dass sie weiter verwendet wird.
Bleibt also dem Fotografen nur, die Gesetzeslage zu ignorieren? Nein, es gibt wenige Ausnahmeregelungen, die das Recht am eigenen Bild einschränken. Wenn die Aufnahmen dem höheren Interesse der Kunst dienen, greift die im Grundgesetz verankerte Kunstfreiheit. Das setzt voraus, dass das Bild in einer künstlerischen Art und Weise aufgenommen und verbreitet wird, zum Beispiel in einem Bildband oder in einer Ausstellung.
Was wiegt nun schwerer? Kunstfreiheit oder das Persönlichkeitsrecht? Wenn einer der Abgebildeten gegen die Veröffentlichung klagt, kann der Künstler nur hoffen, dass er auf einen verständigen Richter trifft. So ein Verfahren kann teuer werden. Das Verhindern und Behindern der Street Photography führt aus meiner Sicht zu einem kulturellen Verlust. Um Menschen und Gesellschaft in einer bestimmten (zukünftigen) Zeit zu verstehen und zu begreifen, brauchen wir die Straßenfotografie. Die nachfolgenden Generationen werden den heutigen Fotografen dafür dankbar sein.
The Summer 1965 of Motown
Von Friedhelm Denkeler,
1965 – The Supremes: »Stop! In the Name of Love«. Stop in Hitsville USA im Namen der Liebe
Im Sommer 1965 entdeckten wir den Motown-Sound aus den USA. Eigentlich war Motown die inoffizielle Bezeichnung für Detroit als Stadt der Autos. 1959 gab Berry Gordy dem von ihm gegründeten Plattenlabel den Namen »Motown«. Zwischen 1961 und 1971 erzielte sein Label konkurrenzlose 110 Top-10-Hits in den USA.
Den Sound des jungen Amerika, so sein Slogan, erzielte Gordy mit Bands wie Diana Ross & The Supremes, Four Tops, Martha Reeves & the Vandellas, The Temptations, Smokey Robinson & The Miracles, Marvin Gaye, The Marvelettes, Stevie Wonder, Jr. Walker & the All Stars, Tammi Terrell, The Isley Brothers, Gladys Knight & the Pips, Rare Earth und vielen anderen.
Der Tamla Motown-Sound, wie er in Europa genannt wurde, war eine Mischung aus Blues, Soul, Gospel, Rhythm & Blues (R&B) und Pop. Mein Lieblingslied war im Sommer 1965 Stop! In the Name of Love von den Supremes mit Diana Ross als Lead-Sängerin. Die Supremes hatten sich inzwischen zu den Superstars des Labels entwickelt. Stop! In the Name of Love wurde ein Nummer-eins-Hit in den US-Charts. Später folgten I Hear a Symphony, 1965 und You Keep Me Hangin’ On, 1966.
Wie in den Autofabriken produzierte Motown-Records die Hits am laufenden Band; sein Studio nannte Berry Gordy folgerichtig Hitsville USA. Feste Songwriter, insbesondere das Trio Holland-Dozier-Holland, entwickelten die Songs, die zum Inbegriff für schwarze Musik wurden, die natürlich auch von weißen Jugendlichen konsumiert wurde. In der damaligen Aufbruchsstimmung stand die Musik für ein aufstrebendes Amerika jenseits der Rassentrennung. Heute stehen die Automobilfabriken in Detroit vor der Pleite und die Werker vor dem Nichts.
Der Musikkritiker Jon Landau definiert Motown so: »1. einfach strukturierte Songs mit origineller Melodik und Harmonik, 2. eine Vierviertel-Schlagzeugfigur, 3. Gospelstimmen im Background, 4. kultivierter Einsatz von Bläsern und Streichern, 5. Sänger, die auf der Grenze zwischen Pop- und Gospelmusik artikulieren, 6. eine Gruppe von Studiomusikern, die zu den besten in den USA gehören, 7. elektronische Misch- und Studiotechnik, die den Klang komprimiert (d.h. dynamische Spitzen kappt und Täler anhebt)«
Songtext – The Supremes: »Stop! In the Name of Love«
Stop! In the name of love Before you break my heart Baby, baby I'm aware of where you go Each time you leave my door I watch you walk down the street Knowing your other love you'll meet But this time before you run to her Leaving me alone and hurt (Think it over) After I've been good to you (Think it over) After I've been sweet to you Stop! In the name of love Before you break my heart Stop! In the name of love Before you break my heart Think it over Think it over I've known of your Your secluded nights I've even seen her Maybe once or twice But is her sweet expression Worth more than my love and affection?
But this time before you leave my arms And rush off to her charms (Think it over) Haven't I been good to you? (Think it over) Haven't I been sweet to you? Stop! In the name of love Before you break my heart Stop! In the name of love Before you break my heart Think it over Think it over I've tried so hard, hard to be patient Hoping you'll stop this infatuation But each time you are together I'm so afraid I'll be losing you forever Stop! In the name of love Before you break my heart, baby, think it over (Stop! In the name of love) Think it over, baby (Before you break my heart) Ooh, think it over baby
In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2025 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.
Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.
Der große Abschied von der Zeit: Merci, Udo Jürgens
Von Friedhelm Denkeler,
1965 – Udo Jürgens: »Siebzehn Jahr, blondes Haar«. Wie ich den Twist mit Anzug, Nyltesthemd und Brisk in den Haaren in der Tanzstunde lernte
Dass er niemals mehr singen wird, kann man sich kaum vorstellen; vergessen wird man ihn nicht – 2014 starb der letzte große, deutsch singende Chansonnier und Komponist Udo Jürgens im Alter von achtzig Jahren in der Schweiz. Praktisch begleitete er mich mit seinen Chansons ein Leben lang: Es begann im Oktober 1965 mit »Siebzehn Jahr, blondes Haar«. Ein Jahr später erreichte er am 5. März 1966 beim Grand Prix Eurovision de la Chanson in Luxemburg für Österreich mit »Merci Cherie« den ersten Platz.
So ging es Jahr für Jahr weiter: »Immer wieder geht die Sonne auf« (1967), »Der große Abschied« (1967), »Mathilda« (1968), »Der Teufel hat den Schnaps gemacht« (1973), »Griechischer Wein« (1974), »Ein ehrenwertes Haus« (1975), «Aber bitte mit Sahne« (1976), »Mit 66 Jahren« (1978), »Ich war noch niemals in New York« (2001), um nur einige Songs zu nennen.
Er hat mehr als 1000 Songs komponiert, mehr als 50 Alben eingespielt und mehr als 100 Millionen Tonträger verkauft. Einige seiner Hits wurden zu regelrechten Volksliedern und gruben sich in das Gedächtnis ganzer Generationen ein, wie »Siebzehn Jahr, blondes Haar« oder »Griechischer Wein«. Legendär waren die Zugaben in seinen unzähligen Konzerten: dort trat er regelmäßig im schneeweißen Bademantel auf. Sein 51. und letztes Studioalbum kam Anfang 2014 unter dem Titel »Mitten im Leben« auf den Markt.
Dann kommt der große Abschied von der Zeit. / Es gibt kein Wiedersehen, / war sie auch noch so schön. / Dann kommt der große Abschied, sei bereit. / Denn alles wird vergehen, / die Welt, die muss sich drehen. [aus Udo Jürgens: Der große Abschied, 1967].
Auch dieses Bild gehört zu meiner Musik-Geschichte: Ein Tanzkurs im Festsaal des Hauses Bohne in Rahden in Ost-Westfalen. Auf der Website Haus Bohne habe ich mir den heutigen, prächtigen Saal angesehen; glänzender Parkettboden, Kronleuchter an der Decke und festlich gedeckte Tische. In meiner Erinnerung war er nicht so edel eingerichtet, eher düster; das einzige waren zwei Adventsgestecke an der Wand als Schmuck.
Mit Anzug, weißem Hemd aus Nyltest und Brisk in den Haaren ging es zur Tanzstunde. Wer lernten hauptsächlich die Standardtänze wie Tango, Foxtrott und Walzer kennen. An einem Abend wurde auch etwas Modernes geübt. Der Tanzlehrer erklärte uns, wie man »Twist« tanzt: Man tanze so, als würde man mit beiden Füßen abwechselnd Zigarettenkippen ausdrücken und sich dabei gleichzeitig mit einem Handtuch den Rücken abtrocknen. Einer der schwer durchschaubaren Mechanismen in der Tanzstunde war die Partnerfindung. Diese war in der Tanzstunde nicht so erfolgreich, später in den Discoabenden und Konzerten der regionalen Bands lief es dann besser; das ist aber eine andere Geschichte.
Songtext – Udo Jürgens: »Siebzehn Jahr, blondes Haar«
Ein Tag wie jeder, ich träum von Liebe Doch eben nur ein Traum, aha aha Menschen wohin ich schau, Großstadtgetriebe Und auf einmal sah ich sie, sie Siebzehn Jahr, blondes Haar, so stand sie vor mir Siebzehn Jahr, blondes Haar, wie find ich zu ihr Lalalala lalalala la la la la la Sie hat mich angelacht, und war vorüber Da war's um mich geschehen Oh oh, oh oh
Menschen wohin ich schau, Großstadtgetriebe Und überall such ich sie, sie Siebzehn Jahr, blondes Haar, so stand sie vor mir Siebzehn Jahr, blondes Haar, wie find ich zu ihr Lalalala lalalala la la la la la Lalalala lalalala la la la la la Siebzehn Jahr, blondes Haar, so stand sie vor mir Siebzehn Jahr, blondes Haar, wie find ich zu ihr
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Ein unvergessliches Stück der Geschichte der Rockmusik
Von Friedhelm Denkeler,
1965 – Sonny & Cher: »I Got You Babe«. Ein Symbol für die romantische und unbeschwerte Atmosphäre der 1960er Jahre
Für mich gehört das Lied I Got You Babe vom Duo Sonny & Cher, zu den vier wichtigsten Songs des Jahres 1965. Es handelt von einem Paar, das trotz aller Probleme und Unterschiede in ihrem Leben zusammenhält. Die sanfte Stimme von Cher und die eingängigen Melodien von Sonny machen diesen Song zu einem Klassiker. Gleichzeitig ist ihr größter Hit ein Symbol für die romantische und unbeschwerte Atmosphäre der 1960er Jahre, zumindest in meiner Erinnerung.
Allerdings hielt die Beziehung zwischen den Beiden, so wie sie sie in dem Lied beschreiben, nicht sehr lange. Sonny Bono und Cherilyn Sarkisian heiraten (inoffiziell) 1964, zehn Jahre später trennten sich ihre Wege wieder und Cher startete eine erfolgreiche Solokarriere zum Beispiel mit dem Song Just Like Jesse James oder Walking In Memphis, aber das wird eine eigene Geschichte.
I Got You Babe schrieb Sonny Bono und es war die erste Single, die er mit Cher veröffentlichte. Die beiden hatten bereits einige Solo-Erfolge, aber I Got You Babe brachte ihnen ihren ersten gemeinsamen Hit und startete ihre erfolgreiche Musikkarriere als Duo. Der Song stieg auf Platz eins der amerikanischen Billboard Hot 100-Charts auf. Der erfolgreichste Song von Sonny & Cher in Deutschland war aber Little Man. Er hielt sich 16 Wochen in den Charts und schaffte es bis auf Platz zwei.
Sie waren nicht nur musikalisch mit ihrer Mischung aus Pop, Rock und Soul erfolgreich, sondern auch als TV-Moderatoren und Schauspieler. 1971 und 1974 hatten sie ihre eigene, populäre Fernsehshow The Sonny and Cher Comedy Hour. Ihre Bühnenauftritte waren immer voller Energie und Leidenschaft und Chers ungewöhnliche Stimme und ihr unverwechselbarer Stil machten sie zu einem Symbol für die Modekultur der Hippie-Zeit. 1987 gaben die beiden in der Late Night Show von David Letterman überraschend ihren früheren Hit I Got You Babe zum Besten. Dies war ihr letzter gemeinsamer Auftritt.
Sonny Bono starb 1998 an den Folgen eines Skiunfalls. Er wurde in Cathedral City bestattet, wo wenig später auch Frank Sinatra seine letzte Ruhe fand. Dort hielt auch Cher eine Trauerrede. Auf seinem Grabstein ist zu lesen: »And The Beat Goes On« – auch ein bekannter Song von Sonny & Cher. I Got You Babe bleibt für mich ein unvergessliches Stück der Musikgeschichte und es gehört zum Soundtrack meiner Jugend.
Die Songs, die 1965 noch ›on top‹ waren: Wanda Jackson: »Santo Domingo«, Renegades: »Cadillac«, Barry McGuire: »Eve Of Destruction«, Beach Boys: »Help Me, Rhonda«, The Beatles: »Ticket to Ride«, Byrds: »Mr. Tambourine Man«, Elvis Presley: »Crying in the Chapel«, Everly Brothers: »The Price of Love«, Hollies: »I’m Alive«, Len Barry: »1-2-3«, McCoys: »Hang On Sloopy«, Petula Clark: »Downtown«, Righteous Brothers: »You’ve Lost That Lovin‘ Feeling«, Rolling Stones: »The Last Time«, Rolling Stones: »(I Can’t Get No) Satisfaction«, Rolling Stones: »Get Off Of My Cloud«, Sandie Shaw: »Long Live Love«, Seekers: »The Carnival is Over«, Yardbirds: »For Your Love«.
Songtext – Sonny & Cher: »I Got You Babe«
They say we're young and we don't know Won't find out until we grow Well I don't know if all that's true 'Cause you got me, and baby I got you Babe I got you babe I got you babe They say our love won't pay the rent Before it's earned, our money's all been spent I guess that's so, we don't have a plot At least I'm sure of all the things we got Babe I got you babe I got you babe I've got flowers in the spring I've got you to wear my ring And when I'm sad, you're a clown
And when I get scared, you're always around So let them say your hair's too long I don't care, with you I can't go wrong And put your little hand in mine There ain't no hill or mountain we can't climb Babe I got you babe I got you babe I got you to hold my hand I got you to understand I got you to walk with me I got you to talk with me I got you to kiss goodnight I got you to hold me tight I got you, I won't let go I got you babe
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Wie ein rollender Stein, der kein Moos ansetzt …
Von Friedhelm Denkeler,
1965 – Bob Dylan: »Like a Rolling Stone« – Der beste Rocksong aller Zeiten?
Einen Song zum Besten aller Zeiten zu küren, ist kein leichtes Unterfangen. Die Musik-Zeitschrift Rolling Stone hat es versucht. 1965 hat der 24-jährige Bob Dylan (Robert Allen Zimmerman) den Song geschrieben, der bis heute als der einflussreichste Rocksong angesehen wird: Like a Rolling Stone. Er wurde 1965 auf seinem sechsten Studioalbum Highway 61 Revisited veröffentlicht.
2004 wurde das Lied vom Rolling Stone-Magazin zum besten Song aller Zeiten gekürt und liegt vor (I Can’t Get No) Satisfaction von The Rolling Stones und Imagine von John Lennon. Das Magazin hatte eine weltweite Umfrage unter Musikern durchgeführt, welcher Song für sie der wichtigste und beste sei. Es wurden allerdings nur Musiker aus dem Pop-/Rock-Umfeld gefragt und nicht z.B. Andy Borg, dann wäre das Ergebnis sicher anders ausgefallen.
Der Song bezieht sich auf das englische Sprichwort »A Rolling Stone Gathers No Moss«. Das Lied erzählt die Geschichte einer Dame aus reichem Hause, die auf der Straße landet. Der rollende Stein verweist in diesem Zusammenhang auf Landstreicher und im Refrain wird der Frau die Frage gestellt, wie es sich anfühle, alleine zu sein, heimatlos, unbekannt, eben wie jene Landstreicher.
Like a Rolling Stone war ein revolutionärer Schritt in der Musikwelt und hat Bob Dylan in einer neuen Liga etabliert. Seine Lyrics, die sich mit Existenzialismus und Unzufriedenheit beschäftigen, sprachen viele Menschen auf tiefgründiger Ebene an. Der Song war eine Abrechnung mit der Gesellschaft und ein Aufruf zur Veränderung. Gleichzeitig war er auch ein bedeutender Moment in der Rockmusik. Es brach mit den Konventionen des Folk-Rock und schuf eine neue Art von Lied, das sich auf eine epische Geschichte und soziale Kritik konzentrierte.
Bei der Veröffentlichung des Songs gab es größere Probleme. Das lag vor allem an der für eine Single ungewöhnlichen Länge von sechs Minuten. Zwei bis drei Minuten waren damals normal. Dylan lehnte aber eine Kürzung des Stücks ab. Am 15. Juli 1965 wurde der Song dann doch veröffentlicht, stieg innerhalb einer Woche in die Billboard Charts ein und hielt sich dort drei Monate.
Auch in Deutschland war er im Herbst 1965 in den Hitparaden vertreten. Über die energiegeladene Fusion aus Blues, Folk und Rock ’n‘ Roll, über Dylans markante Stimme, die sarkastische Tonalität und dem elektrischen Gitarrensound eines Folkmusikers konnten wir Rockfans damals nur staunen.
Songtext – Bob Dylan: »Like a Rolling Stone«
Once upon a time you dressed so fine Threw the bums a dime in your prime, didn't you? People call say 'beware doll, you're bound to fall' You thought they were all kidding you You used to laugh about Everybody that was hanging out Now you don't talk so loud Now you don't seem so proud About having to be scrounging your next meal How does it feel, how does it feel? To be without a home Like a complete unknown, like a rolling stone Ahh you've gone to the finest schools, alright Miss Lonely But you know you only used to get juiced in it Nobody's ever taught you how to live out on the street And now you're gonna have to get used to it You say you never compromise With the mystery tramp, but now you realize He's not selling any alibis As you stare into the vacuum of his eyes And say do you want to make a deal? How does it feel, how does it feel? To be on your own, with no direction home A complete unknown, like a rolling stone
Ah you never turned around to see the frowns On the jugglers and the clowns when they all did tricks for you You never understood that it ain't no good You shouldn't let other people get your kicks for you You used to ride on a chrome horse with your diplomat Who carried on his shoulder a Siamese cat Ain't it hard when you discovered that He really wasn't where it's at After he took from you everything he could steal How does it feel, how does it feel? To be on your own, with no direction home Like a complete unknown, like a rolling stone Ahh princess on a steeple and all the pretty people They're all drinking, thinking that they've got it made Exchanging all precious gifts But you better take your diamond ring, you better pawn it babe You used to be so amused At Napoleon in rags and the language that he used Go to him he calls you, you can't refuse When you ain't got nothing, you got nothing to lose You're invisible now, you've got no secrets to conceal
In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2025 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.
Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.