Eine Linie, ein Kreis und ein Dreieck im White Cube

Von Friedhelm Denkeler,

The circle walked casually – Papierarbeiten der Sammlung Deutsche Bank in der Kunsthalle

"The Circle Walked Casually (KunstHalle Deutsche Bank)", Foto © Friedhelm Denkeler 2014
»The Circle Walked Casually«, KunstHalle Deutsche Bank, Unter den Linden, Berlin, Foto © Friedhelm Denkeler 2014

Noch eine Ausstellung möchte ich kurz vorstellen, auch wenn sie im letzten Monat bereits zu Ende gegangen ist.

Unter dem Titel The circle walked casually wurden von der Kuratorin Victoria Noorthoorn in der Kunsthalle Papier-Arbeiten in einem von der brasilianischen Ausstellungsarchitektin Daniele Thomas entworfenen atemberaubenden Ausstellungsdesign ausgestellt. Sie »hat den eher brachialen Raumriegel der Kunsthalle in eine weiß strahlende, fast konturlose Wolke verwandelt, in der man sich Blatt an Blatt durch die Sammlung hangeln kann.« [Der Tagesspiegel]

Die Werke hingen nicht an den Wänden, sondern waren alle an einer Führungsschiene aufgehängt, die sich hin und zurück durch den langen, schmalen Saal mäanderte. Durch die abgerundeten Ecken des Saals und da alle sechs Seiten weiß gestrichen waren, ergab sich eine perfekte White Cube-Situation.

Man konnte fast die Künstler übersehen: an Wertpapieren waren Werke von Josef Albers, Hans Arp, Ernst Barlach, Georg Baselitz, Max Beckmann, Joseph Beuys, Louise Bourgeois, Hanne Darboven, Otto Dix, Günther Förg, Lucian Freud, Jörg Immendorff, Wassily Kandinsky, Käthe Kollwitz, Paula Modersohn-Becker, A.R. Penck, Gerhard Richter, Oskar Schlemmer, Kurt Schwitters, Rosemarie Trockel, u.a., ausgestellt.

Der Satz The circle walked casually stammt aus einer Erzählung von Felisberto Hernándes aus dem Jahr 1926, in der ein Kreis einem Dreieck zugetan ist. Die beiden wandern an einer unendlichen langen, horizontalen Linie entlang. So ähnlich erging es uns auch in der Ausstellung.

»Es war einmal eine unendliche horizontale Linie im Raum. Sie wurde von rechts nach links von einer Kreislinie durchquert … doch einmal durchbrach die Kreislinie ihren Rhythmus … Plötzlich, in einem anderen heftigeren Rhythmus kam brüsken Schrittes ein kräftiges langschenkliges Dreieck heran«. So beginnt die Lebensgeschichte „Genealogie“ von Hernándes. Diese Liebesgeschichte zwischen einem Kreis und einem Dreieck entlang einer Linie, der Grundform des Zeichnens, wurde zu einer grandiosen Ausstellung in der Kunsthalle.