Unter dem Pflaster liegt der Sand

Von Friedhelm Denkeler,

Das Tempelhofer Kreuz wurde auf Sand gebaut

Mit dem Slogan der 1968er Protestjahre »Unter dem Pflaster liegt der Strand« war die Hoffnung verbunden, die eingefahrenen Strukturen der Gesellschaft und der Stadt freizulegen. Aber viel früher schon verspotteten die süddeutschen Fürsten des Heiligen Römischen Reiches das sandige und unfruchtbare Land Brandenburg als Märkische Streusandbüchse.

Woher kommt eigentlich dieser Berliner Sand? Die Gletscher der Eiszeit und später die abfließenden Wassermassen brachten den Sand aus Skandinavien in die Märkische Region. Wie man damals auf die Idee kam in dieser Sandwüste, in der nur Bäume und Gras wuchsen, eine Stadt zu gründen, war schon bemerkenswert.

Der geologisch eher junge Boden bestand nun aus unter Moränenschutt und Geschiebemergel unter Druck zerriebenem und ausgewaschenem Sand. Er wurde unterbrochen von zahlreichen Morasten, die von den Nebenarmen der Spree gespeist wurden. Das Land glich eher einer Wüste und je nach Windrichtung entstanden verschiedene Hügel aus dem Flugsand.

Aus dem Portfolio »Tempelhofer Kreuz – Eine Autobahn im Märkischen Sand«, Foto © Friedhelm Denkeler 1978
Aus dem Portfolio »Tempelhofer Kreuz – Eine Autobahn im Märkischen Sand«, Foto © Friedhelm Denkeler 1978

In der Hauptstadt ist heute nichts mehr von der eigentlich märkischen Natur zu sehen und in der Umgebung von Berlin wiederum nichts von einer Großstadtstimmung zu spüren. Nur bei großen Bauvorhaben, wie dem Bau des geplanten Tempelhofer Autobahn-Kreuzes tritt er noch zutage: der märkische Sand. Und unter diesem ist das Tempelhofer Kreuz dann wieder begraben worden.

In Rom kann man an jeder Ecke den geschichtsträchtigen, aufgegrabenen Boden in seiner starken Verdichtung sehen: Überall stößt man auf Gebäudereste, Grundmauern und kulturelle Ablagerungen; in Berlin hingegen findet man Fossilien, Werkzeuge aus der Bronzezeit oder manchmal Pfähle (auf denen einst das Schloss stand), aber meist nur Sand, Sand und nochmals Sand, der manchmal zu Lehm verdichtet ist. Vielleicht stößt in der Zukunft auch jemand beim Buddeln einmal auf ein Stück des Tempelhofer Kreuzes, das im Märkischen Sand versunken ist.

Das Portfolio Tempelhofer Kreuz, 1979, 30×45 cm, Fotopapier im Passepartout 50×60 finden Sie unter www.denkeler-foto.de. Die Bilder sind auch als gedrucktes Autorenbuch mit 83 Seiten im Format 40×30 cm erschienen (2013). Das gesamte Portfolio besteht aus 74 Photographien.

Siehe auch Artikel Tempelhofer Kreuz – Eine Autobahn im Märkischen Sand.