Vom Schlammhügel zur Näherei

Von Friedhelm Denkeler,

Impressionen von der dOCUMENTA 13 in Kassel

"Documenta 13: Der Lehmberg des Michael Portnoy", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 13: Der Lehmberg des Michael Portnoy«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

Der Nordflügel am Kulturbahnhof in Kassel besteht aus zwei langen, ehemaligen Lagerhallen mit alten verbeulten Rolltoren hinter denen die Kunst rohe, dunkle Orte gefunden hat. In der ersten Halle hat der US-Amerikaner Michael Portnoy einen riesigen, braunroten Schlammberg aus Lehm aufschütten lassen. Die Arbeit, an deren Rändern Wasser heraus sickert, nennt er 27 Gnosis (siehe Foto). Der Berg an sich und in dieser Halle ist schon sehenswert; die Überraschung folgt, wenn man eine Leiter hinaufsteigt und in das Innere des Hügels sieht.

"Documenta 13: Die Gameshow im Lehmberg des Michael Portnoy", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 13: Die Gameshow im Lehmberg des Michael Portnoy«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

Hier befindet sich die Einrichtung einer Gameshow, die während unseres Besuches leider nicht aktiviert war. »Nachmittags und abends leitet der Künstler vor einem wechselnden Hintergrund eine Spielshow an, die Angst, Erheiterung und Durcheinander geschickt ausnutzt und unvermittelte Wechsel in Inhalt, Kontext und Perspektive wie auch bei der Beleuchtung und im Maßstab aufweist. Sich auf das Absurde und Unheimliche stützend, zieht der Künstler die Besucherinnen und Besucher in das Spiel hinein und erzeugt eine Atmosphäre, die berauschend und furchteinflößend zugleich ist«, schreibt die Documenta. Verstehen muss man das aber nicht, Sehen reicht auch schon (siehe Foto).

"Documenta 13: Die Nähwerkstatt von István Csákány", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 13: Die Nähwerkstatt von István Csákány«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012
"Documenta 13: Schaufenstergestaltung von Seth Price bei Sinn Leffers", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 13: Schaufenstergestaltung von Seth Price bei Sinn Leffers«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

In der zweiten Halle hat der rumänisch-ungarische Installationskünstler und Bildhauer István Csákány The Sewing Room aufgestellt. Eine vollständige Nähwerkstatt mit komplett eingerichteten Arbeitsplätzen, mit Nähmaschinen, Bügelmaschinen und Neonröhren an der Decke. Mit großer Liebe zum Detail hat er die gesamte Fabrik aus Holz geschnitzt (siehe Foto). Wie lange er dafür gebraucht hat, ließ sich nicht feststellen.

Wenn der Betrachter will, kann er die Installation als Kritik an der Massenproduktion, der Ausbeutung und am Kapitalismus ansehen. Auf dem Rückweg zum Hotel kamen wir übrigens am Modehaus Sinn Leffers vorbei. Im Schaufenster war eine Kollektion des New Yorker Konzeptkünstlers Seth Price zu sehen, die auch im Haus verkauft wird. Das Schaufenster wurde gleichfalls von Seth Price gestaltet (siehe Foto), ebenso stellt er weitere Stoffskulpturen im Südflügel des Bahnhofs aus.